Von Firlefanz und Freiheit


Geschrieben von:
Britta Kessler

Veröffentlicht am:
14. Mai 2018
Die letzten Monate haben mein Leben auf unterschiedliche Art bereichert. Manche Veränderungen werden einem schnell bewusst, für andere braucht man eine Liste. Da Listen nie schaden, hier meine brandaktuelle:
Wovon ich jetzt mehr habe als vorher:
- gute Laune
- Energie bis in den Abend rein
- Trainingseinheiten aller Art
- tagesfüllende Aktivitäten
- Follower bei Instagram (die wirklich wichtigen Dinge im Leben)
- Grundumsatz (Kalorienverbrauch am Tag)
- Hunger (so sieht’s aus…)
- Muskelmasse (immerhin)
- Whey auf dem Kühlschrank (neueste Sorte: Mango Lassi)
- Konzentration
- Perspektive (so wichtig!)
- Selbstbewusstsein
- Ehrgeiz
- Einnahmen
- Ausgaben
- To-Dos (inklusive grüner “erledigt”-Häkchen)
- Sport BHs
- Motivations-Postkarten
- Trainings-Klienten
- Ahnung von meiner Buchhaltung
Wovon ich jetzt weniger habe als vorher:
- Durchhänger-Tage
- Parkknöllchen
- Körperfettanteil
- Sportsocken (davon verschwinden nicht weniger in der Maschine, als von normalen Socken auch)
- angebrochene Päckchen Quark im Kühlschrank
- Nervosität vor geschäftlichen Terminen
- Kater nach durchzechten Nächten
- Saunabesuche
- Ausraster beim Autofahren (weniger. nicht: gar keine)
- Lust auf Trash TV
- Interesse an “10 Gründe, warum…Beziehungsratgebern” auf Facebook
- Muskelkater des Todes
- Ärger über andere Menschen
- Selbstzweifel
- Zeit zur freien Verfügung
Top Bilanz, oder?
Die Punkte aus der Liste wiegen nicht an jedem Tag gleich. Am Montagabend gehe ich an der Alster entlang durch die Abendsonne nach Hause und könnte platzen vor lauter Freude und Dankbarkeit. Mir ist einen Moment lang völlig bewusst, wie viel Gutes mir gerade passiert.
Zwei Tage später beschließe ich abends gegen elf Uhr schlafen zu gehen, weil ich merke, dass sich trübe Gedanken anbahnen. Die Luft für den Tag ist raus. Ich habe viel erledigt und trotzdem hätte es noch so viel zu tun gegeben. Lieber nicht drüber nachdenken, nach ein paar Stunden Schlaf wird es wieder gut sein.
Am nächsten Morgen klingelt um 6:20 Uhr der Wecker. Um 7:30 Uhr wartet mein Klient an der Alster auf mich. Also: Aufstehen, frisch machen, Motivation mit den Trainingssachen aus der Schublade holen.
Auf dem Weg ist meine Laune immer noch etwas zäh, doch Sonne und Bewegung machen wach und tun gut – und kaum ist der Treffpunkt in Sicht, sind meine Gedanken wieder voll bei der Sache.
Nach dem Training ist meine Stimmung bestens. Denn: ja, genau das ist meine Leidenschaft. Und ich habe das große Privileg sie zu meinem Job zu machen. Und wenn das heißt, dass für manchen Kleinscheiß kaum mehr Zeit da ist, dann ist das immer noch ein sehr guter Deal.
Firlefanz
Zeit verbummeln ist eine meiner ausgeprägtesten Stärken. Termine fallen aus, mein nachmittag ist frei. Um 16:00 Uhr ist schon Feierabend und ich freue mir ein Loch in den Bauch über die gewonnene Zeit. Kurz was essen, bei Insta reingeschaut, die Freundin mit Sprachnachrichten auf den neuesten Stand gebracht, mal eben geschaut, welche vorher noch knappen Klamotten im Kleiderschrank mittlerweile passen, in Katalogen nach Nachschub an zu kleinen Klamotten geblättert und…. huch! Schon muss man sich beeilen, um vor Ladenschluss (22:00 Uhr!) noch rechtzeitig zum Einkaufen zu kommen. Vor einer Weile habe ich es sogar hinbekommen einen komplett freien Tag völlig unproduktiv verstreichen zu lassen, indem ich mich nicht mit einer, nicht mit zwei, sondern gleich mit drei Freundinnen nacheinander zum Kaffee-Trinken und quatschen verabredet habe. Ich liebe so etwas. Gesellig in der Sonne sitzen, die Seele baumeln lassen und es sich gut gehen lassen. Gerne auch in der Sauna, auf Flohmärkten oder zu Hause in der Küche (was ist das eigentlich mit Küchen und dieser ganz speziellen Gemütlichkeit…).
Die Zeitfenster für so etwas sind kleiner geworden. Die Gelegenheiten seltener und dadurch so viel wertvoller. Wisst ihr, was für mich oft am schlimmsten war? Schöne Momente erleben und sie gar nicht richtig genießen können, weil irgendwie etwas fehlte.
Das ist jetzt anders. Zeit für solche Dinge nehme ich mir ganz bewusst. Der Kontrast zu manchmal langen und vollen Tagen macht diese Augenblicke so besonders. Und auch wenn die Erfüllung meines Traumjobs so manche Verpflichtung und Verbindlichkeit mit sich bringt, spüre ich das wunderbare Gefühl von Freiheit. In dieser ganzen Sache steckt mein Herzblut. Es sind meine Sterne, nach denen ich da greife. Und dass ich überhaupt die Möglichkeit, die Stärke und das Know How habe und bekomme genau das zu tun, ist ein wunderbares Geschenk.
Es ist ein bisschen wie mit Carlo: je mehr Grundgehorsam er hat, desto eher kann ich ihn laufen lassen, damit er seiner eigenen Nase nachgehen kann. Sich auf der einen Seite an die Spielregeln zu halten, verschafft einem auf der anderen Seite die Freiheiten, zu tun und zu lassen, was man will.

Mein Highlight diese Woche wird das anstehende Trainingswochenende sein. Auf den ersten Blick wirkt das nicht sehr frei. Das Wochenende ist damit zum größten Teil verplant. Die Zeiten sind festgelegt, genau wie die Inhalte. Die Freiheit liegt in dem, was es mir bringt. Ich gewinne einen neuen Blick auf die Dinge und auf mich selbst, ich kann mich spüren, wahrnehmen, meine Fähigkeiten erweitern und mich letztendlich weiterentwickeln.
Habt keine Angst für eure Träume Risiken oder Herausforderungen auf euch zu nehmen, es wird sich lohnen, garantiert.
Videotagebuch
Im Videotagebuch seht ihr diese Woche ein bisschen was von allem. Von guten und von optimierbaren Tagen, von Firlefanz und von Freiheit. Teilt gerne eure Gedanken dazu mit mir und schreibt mir.
Britta Kessler
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